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Der sogenannte „Wolfsgruß“, den der türkische Nationalspieler Merih Demiral während der EM 2024 zum Sieg seiner Mannschaft mit vielen Fans auf dem Spielfeld zeigte, erregte europaweit Aufsehen – und lenkte den Blick auf eine bislang unterschätzte Gefahr: Die“Grauen Wölfe”, eine ultranationalistische, rassistische und gewaltbereite türkische Bewegung, die sich in Deutschland zunehmend ausbreitet.
Die Autor:innen Jan-Philipp Scholz, Yağmur Ekim Çay und Annkathrin Weis dringen tief ein in die Strukturen der Bewegung: Es gelingt ihnen neue, potenziell kriminelle Strukturen aufzudecken, sie zeigen Verbindungen in die Organisierte Kriminalität auf und sprechen mit Aussteiger:innen, Expert:innen und Betroffenen. Sie treffen auf Personen, die offen drohen, ihre Feinde “umzubringen”. Als “Feinde” gelten dabei Kurden, Aleviten, FeministInnen, Juden sowie Homosexuelle und Andersdenkende. Hunderte politische Anschläge werden den türkischen Rechtsextremisten zugerechnet.
Die “Grauen Wölfe” werben in Deutschland besonders um Kinder und Jugendliche. Das ARD-Team enttarnt Sportvereine, Schulen und Ortsvereine der "Grauen Wölfe" und zeigt zahlreiche Fälle auf, in denen deutsche Lokalpolitiker Verbindungen zu Ortsvereinender Grauen Wölfe unterhalten.
Dabei ist die Bewegung längst kein Randphänomen mehr, im Gegenteil: Deutschland ist ein zentraler Standort der Grauen Wölfe in Europa. Mit ca. 12.900 Anhängern zählen sie zu den größten rechtsextremen Bewegungen in Deutschland, die Dachverbände haben ihren Sitz in Frankfurt, Köln und Ludwigshafen.
Die Organisation steht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes, ist als rechtsextremistisch eingestuft. Ein Verbot wurde politisch immer wieder diskutiert, ist aber bislang nicht umgesetzt. Die Dokumentation zeigt auf, wie unter dem Deckmantel von “Kultur”, „Sport“ und “Religion” die „Grauen Wölfe“ die Gesellschaft in Deutschland unterwandern. Über Social-Media und auf zahlreichen Veranstaltungen werden besonders junge Menschen indoktriniert.
Die Ideologie der “Grauen Wölfe” basiert auf der Vorstellung türkischer Überlegenheit, religiösem Konservatismus und einem autoritären Gesellschaftsbild. Ihre Wolfssymbolik stammt noch aus vorislamischer Zeit. Die faschistische Bewegung ist eng mit der rechtsextremen MHP-Partei verbunden, die derzeit mit der AKP unter Präsident Erdoğan koaliert.
In der 45minütigen Dokumentation zeichnen die Autor:innen ein alarmierendes Bild: Ein transnationales Netzwerk, das Rechtsextremismus, politische Einflussnahme und Organisierte Kriminalität vereint – und gezielt versucht, demokratische Strukturen in Deutschland zu unterwandern.
Eine Dokumentation der streetsfim Filmproduktion im Auftrag des Hessischen Rundfunks (hr) in Koproduktion mit dem Westdeutschen Rundfunk (WDR).
Ein Film von Jan-Philipp Scholz, Yağmur Ekim Çay und Annkathrin Weis
Regie: Johannes Meier, Jan-Philipp Scholz
Kamera: Johannes Meier, Simon Baingo, Vincent Eckert
Schnitt: Johannes Meier
Animation: Tatjana Theuer
Redaktionelle Mitarbeit: Dîlan Karacadağ, Fidan Özen, Elmas Topcu
Faktencheck: Hüseyin Demir (WDR), Team Faktencheck Dokumentation und Archive (hr)
Archiv Producing & Research: Loraine Blumenthal
Sprecher:innen: Maya Bothe, Günther Harder, Christina Weiser
Redaktion: Julia Klüssendorf (hr), Jacqueline Paus (hr), Arnd Henze (WDR)
Herstellungsleitung hr: Joheina Hamami
Produktion: Paul Hartmann und Johannes Meier (streetsfilm GmbH), Joheina Hamami (hr)
Die Menschen im Film
Erol Ünal
Zur WebsiteErol Ünal weiß, wie es ist, in den Bann einer radikalen Ideologie zu geraten. Schon als Kind besuchte er mit seinem Vater Veranstaltungen der „Grauen Wölfe“, einer ultranationalistischen Bewegung. Zuhause sprach die Familie kein Deutsch, Kontakte zu deutschen Kindern waren selten. Stattdessen wuchs Erol in einer abgeschotteten Parallelwelt auf. „Während meine Freunde Blümchen malten, malte ich, völlig indoktriniert, Symboliken der Grauen Wölfe“, erinnert er sich. „Diese Narrative wurden ein fester Bestandteil meiner Identität.“
Fragen stellte er nicht – sie waren nicht erwünscht. Führungsfiguren galten als unantastbar, Ideologie wurde über Vereinsarbeit, Bastelstunden und Musikkassetten vermittelt. Erst als junger Erwachsener begann Erol, die Gewalt und Menschenfeindlichkeit der Bewegung zu hinterfragen. „Als ich herausfand, welche Gewalttaten die Grauen Wölfe begangen haben, war ich schockiert. Mein Weltbild zerbrach, ich fühlte eine innere Leere.“
Der Ausstieg war schmerzhaft, doch Erol schaffte den Bruch – unterstützt von seinem Bruder. Heute hilft er anderen, die sich von extremistischen Strukturen lösen wollen. Seine Geschichte zeigt, wie früh und subtil Radikalisierung beginnt – und dass es trotzdem möglich ist, sich davon zu befreien.